Sorge und Mitverantwortung in der Kommune

Höherer Anteil älterer Menschen

Ältere Menschen werden zukünftig unsere Gesellschaft mehr und mehr prägen. Aktuell gehört mehr als jede vierte Person der Generation 60plus an. Abhängig davon, wie sich die Lebenserwartung, das Wanderungsverhalten in der Bevölkerung sowie die Geburtenrate entwickeln, werden im Jahr 2050 zwischen 33 und 40 Prozent der Bevölkerung 60 Jahre oder älter sein.

Neun von zehn Seniorinnen und Senioren bestreiten ihren Lebensunterhalt überwiegend durch eine Rente oder Pension. Noch 85 Prozent der Menschen ab 85 Jahren leben heute im eigenen Haushalt. Über 70 Prozent der Pflegebedürf­tigen werden zu Hause betreut. Ältere Menschen müssen deshalb auf Strukturen hinwirken, die ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen sowie soziale Teilhabe fördern und sichern.

Politische Rahmenbedingungen schaffen

Die lokalen Rahmenbedingungen spielen für das Leben im Alter eine entscheidende Rolle. Dazu gehören lebendige Nachbarschaften, Angebote für soziales Miteinander, Wohl­fahrtsstrukturen und bürgerschaftliches Engagement. Entscheidend sind aber auch passgenaue Dienstleistungsan­gebote, eine seniorengerechte Infrastruktur sowie stabile Rahmenbedingungen zur Förderung der Gesundheit und zur Unterstützung bei Hilfe- und Pflegebedarf. Nicht zuletzt tragen vielfältige Wohnformen dazu bei, dass Men­schen bis ins hohe Alter weitgehend selbstbestimmt und selbstständig im vertrauten Wohnumfeld leben können.

Title: Die kleine Nachbarschaft © Florian Kiel

Title: Die kleine Nachbarschaft © Florian Kiel

Handlungsfähige Kommunen

Dabei sind starke, handlungsfähige Kommunen von zentraler Bedeu­tung, um mit älteren Menschen vor Ort die vorhandenen Strukturen wirkungsvoll weiterzuentwickeln. In einigen ländlichen und strukturschwachen Regi­onen stellt sich aber angesichts der steigenden Zahl älterer und der Abwanderung junger Menschen bereits die Frage nach der Sicherstellung der regionalen Daseinsvorsorge. Es ist deshalb von zentraler Bedeutung, dass Kommunen in der Lage sind, die Infrastruktur für unsere Grundbedürfnisse vorzuhalten.

Bisher hat die Politik laut dem siebten Altenbericht folgende Handlungsfelder identifiziert:

  • Mehr ehrenamtliches Engagement im Alter durch Netzwerke zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement

  • Absicherung und Anerkennung von Sorge- bzw. Care-Arbeit in unterschied­lichen Lebensphasen und Lebensmodellen

  • Effektive Kooperation von Haupt- und Ehrenamtlichen in Pflege, Sport und Kultur

  • Abfederung der Folgen des demographischen Wandels, gerade in ländlichen Gebieten

  • Gegenseitige Unterstützung und Hilfe in der Nachbarschaft und im Wohnumfeld

  • Stärkere Vernetzung und Pflegeberatung auf kommunaler Ebene

Unsere Einordnung

Wir kommentieren die bisherigen Maßnahmen:

  • Für mehr bürgeschaftliches Engagement wurden lediglich zeitlich und monetär begrenzte Projektfördermaßnahmen entwickelt. Eine politische Initiative sehen wir nicht.

  • Die Anerkennung von Pflegezeiten wurde verbessert. Die Einbindung in funktionierende lokale Netzwerke und Nachbarschaft ist nicht gegeben.

  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zur verbesserten Kooperation zwischen Ehrenamt und Hauptamt repräsentative Daten ermitteln lassen. Ein Handlungsleitfaden für die Praxis wurde erarbeitet. Eine damit verbundene politische Initiative zur politischen Teilhabe auf kommunaler Ebene oder des flächendeckenden Aufbaus von Quartier-Management-Strukturen ist nicht gegeben.

  • Die Initiierung von Dialogprozessen zur Anpassung der Infrastrukturen im ländlichen Raum steckt in den Kinderschuhen.

  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zur Unterstützung in der Nachbarschaft einen Werkzeugkoffer erstellt, den lokale Initiativen nutzen können. Der Aufbau von Strukturen obliegt alleine den lokalen Trägern. Eine politische Initiative zu deren Beförderung sehen wir nicht.

  • Diese politische Initiative ist durch das neue Pflegegesetz angeschoben worden und wird aktuell über Pflegekoordinator:innen auf kommunaler Ebene umgesetzt. Die daraus erwachsende Vernetzung von Pflege-Akteuren ist zu begrüßen. Allerdings bleibt fraglich wie einzelne Angestellte bei der Stadt die Lebenssituation der Menschen vor Ort direkt beeinflussen sollen. Hier fehlt aus unserer Sicht die Aktivierung pro Quartier, also etwa zwischen 500 und 1.500 Wohneinheiten.

Das Holländische Modell - Buurtzorg

Seniorengenossenschaften als Alternative?